Die Götter der Macumba

Hier habe ich eine Übersicht über die wichtigsten "Götter" (Orixás) der Macumba zusammengestellt.

Vorab aber noch einige Anmerkungen zu den Göttern.
Gemeinhin wird die Macumba zu den polytheistischen (Vielgötter) Religionen gezählt. Im Grunde ist das auch richtig, vorausgesetzt man übersetzt Santos mit Götter. Korrekt übersetzt heißt Santos aber eigentlich Heilige. Deidades, also die Mehrzahl von Deus (Gott) taucht im Sprachgebrauch der Macumba niemals auf.
Interessanter Weise gibt es im Macumba auch so etwas wie einen Gott. Dieser thront aber so weit über allen anderen, dass er in der Regel nicht in den Ritualen angesprochen wird. Dieser Gott (der übrigens auch korrekt mit deus benannt wird) ist so mächtig, dass der Kontakt zu ihm für Menschen gefährlich ist.
Es drängt sich der Vergleich zu der "Götterstruktur" Griechenlands auf, also Zeus als Gottvater, und ihm untergeordnet alle anderen Götter. Dieses verwundert aber nicht sonderlich, da die Macumba in direkter Linie aus dem Yoruba und anderen afrikanischen Naturreligionen entstanden ist, also der Urreligion schlechthin, aus der letztendlich auch alle anderen Religionen hervorgegangen sind. Siehe auch meine Einführung in die Macumba. Der Einfachheit halber bezeichne ich aber die Orixás mit "Götter", was aber wie oben erwähnt nicht ganz richtig ist.

Ich habe die Beschreibung der Götter aufgeteilt in die "offizielle" Lesart

(O), also so, wie die meisten mae/pai de santos die Götter sehen und in

(P) meine persönliche Erfahrung.

Anzumerken ist hier aber unbedingt, dass es keine verbindlichen Beschreibungen der Götter gibt. Nahezu jeder terreiro hat eine eigene Sichtweise der Götter, was aber auch verständlich ist, da kein Mensch gleich einem anderem ist, und die Medien schliesslich Menschen sind.
Die Götter offenbaren sich durch die Medien, und dieses kann nur das beschreiben, was es auch versteht. Nicht anders ist es letztendlich auch bei der Bibel! Lediglich die Eckdaten stimmen überein.

Die Hierarchie der Götter innerhalb der Macumba liesse sich in etwa mit der in unserer Politik vergleichen: Über allem sitzt der Bundeskanzler (Olorun) und nach ihm kommen die Minister (die Orixas). Eigentlich sind die Orixas gleiche unter gleichen, auch wenn Oxalá und Iemanjá eine übergeordnete Rolle zukommt. Die Ressorts sind auch nicht so genau abgegrenzt, dennoch werden den einzelnen Göttern spezifische "Aufgabenbereiche" zugeschrieben.


Olorun

(Olorum, Zambi, Tupã)
 

O: Höchster und ältester aller Macumba-Götter. Olorun ist als einziger allmächtig. Leider ist er so mächtig, dass der Kontakt zu ihm in der Regel nur über die anderen Götter erfolgen kann. Eine mae de santos hat mir einen sehr treffenden Vergleich genannt. Olorun ist wie der Generaldirektor einer großen Firma. Er hat in der Regel allenfalls mit Abteilungsleitern zu tun, auf gar keinen Fall aber mit den einfachen Arbeitern. Der Generaldirektor hat weder Zeit noch Lust sich mit den Arbeitern zu unterhalten. Sollte es dennoch ein Arbeiter versuchen den Generaldirektor zu sprechen, so würde dieser kaum auf den Arbeiter hören, da er von dieser Ebene des Betriebes keine Ahnung hat. Der Generaldirektor würde aber auf jeden Fall zumindest Rücksprache mit den Abteilungsleitern halten. Dem Arbeiter würde sogar möglicherweise ein Rausschmiss drohen, weil er es gewagt hat, sich an allen anderen vorbei zu schmuggeln, um den Generaldirektor direkt anzusprechen. Darüber hinaus ist es eine Eigenschaft der Macumba, dass die Götter Besitz von den Medien ergreifen und durch diese wirken. Die Macht von Olorun ist aber so groß, dass sie dem Medium überaus gefährlich werden könnte. Olorun wird daher zwar verehrt, hat aber nicht wie andere Götter ein Medium.

P: Mein Geist wurde Olorun vorgestellt, und ich erschauerte vor seiner Macht [um es poetisch auszudrücken ;-)].

Oxalá

(Ôxalá, Oxala)
Oxala O/P: Oxalá ist der höchste, älteste und reinste aller Orixás. Seine Macht ist sehr groß, aber er verabscheut die Gewalt. Er ist auch sehr distanziert, was zu Unverständnis führt und ihn manchmal in die Einsamkeit treibt. Andererseits ist er außerordentlich großmütig. Aber er hasst es, belästigt zu werden. Wie gesagt, er ist sehr mächtig wenn auch nicht besonders schnell. Denn er fühlt sich wohler in der Zeit, in der Ewigkeit, als im gegebenen Augenblick. Wer den Beistand von Oxalá hat, der braucht nichts zu fürchten, zumindest was die Magie angeht. Wenn Oxalá sich bereit erklärt hat seine schützende Hand über einen Menschen zu halten, akzeptieren das alle anderen Orixás; jegliche schwarze Magie wird damit wirkungslos.

Iemanjá

(Iemanja, Yemanjá, Yêmanjá, Emanjá)
Iemania O/P: Iemanjá ist das weibliche Gegenstück zu Oxalá. Sie ist "die Göttin der Meere", die Göttin der Reinheit und die Göttin der Liebe. Ihre Macht ist gleichzusetzen mit der von Oxalá. Leider ist Iemanjá nicht so zurückhaltend wie Oxalá. Ihre Liebe, auch und gerade zu den Menschen, ist so groß, dass ihre Medien oftmals Schwierigkeiten haben wieder ins normale Leben zurückzukehren. Gleichzeitig ist aber dieser enge Verbundenheit gepaart mit der ungeheuren Macht, die Iemanjá innewohnt, auch sehr gefährlich. Ich habe schon oft erlebt, dass Medien, die von Iemanjá auserwählt wurden, den Bezug zur Realität verloren haben, da sie der Macht nicht gewachsen waren. Iemanjá zu Ehren wird in ganz Brasilien, insbesondere jedoch in Rio de Janeiro, in der Neujahrs-Nacht ein großes Fest an den Stränden abgehalten, welches mittlerweile eine weltberühmte Touristen-Attraktion geworden ist.

Xangô

(Xango, Changô, Changou)

Xango

 

O: Xangô ist Beschützer der gerechten und derer, die für Gerechtigkeit und Wahrheit eintreten. Er ist wohl die beliebteste Schutzgottheit (wird jedoch nicht sehr häufig verkörpert), ihm sind entsprechend viele Kultstätten geweiht. Er ist das Symbol der Männlichkeit, der männlichen Stärke. Der kümmert sich um die Justiz, doch er regelt nicht immer alles zum Besten. Seine Zornessausbrüche sind fürchterlich. Er speit Blitz und Donner auf jeden der ihn beleidigt. Xangô ist ein wichtiger verbündeter, wenn es darum geht, das eigene Schicksal zu meistern. Er kämpft aktiv gegen die schwarze Magie. Mit seiner (Doppel-) Axt bestraft er jede böse Absicht.

 

Oxum

(Oxúm, Oxún, Ôxún, Oxú, Oxun)

Oxum

 

Oxum ist die Göttin der stillen Gewässer, der Flüsse und Seen. Wie Xangô die männliche Kraft symbolisiert, leitet Oxum alles Weibliche tun. Sie ist die Sinnlichkeit, die Sensualität, die Weiblichkeit aber auch die Koketterie, die Eifersucht. Oxum ist mitunter kapriziös und launenhaft, listig und skrupellos. Entsprechend ihrem eigenen Charakter ist Oxum die Schutzherren der sanften, mütterlich-liebevollen Frauen; sie ist (wohl deshalb) die am meisten verkörperte weibliche Gottheit, obwohl Iemanjá mehr verehrt wird.

 

Ogum

(Ogúm, Ogún, Ôgún, Ougun, Ougu, Ogu)

Ogum

 

Ogum ist die Gottheit des gerechten Krieges, der Verteidigung, Helfer gegen das Böse. Er ist in Rio de Janeiro die am häufigsten verkörperte und am freudigsten begrüßte Gottheit. Ogum ist ein junger Orixá. Er ist wachsam, aufrecht und voller Schwung. Ein Krieger mit einem großen Herzen. Er ist reinen Körpers und reinen Geistes, unbestechlich, und "arbeitet" nur, wenn es die Sache seiner Meinung nach Wert ist. Er wird wegen seines Mutes, seiner Ehrenhaftigkeit und seiner Tüchtigkeit angebetet.

 

Iansã

(Iançã, Inhaçã, Inhassã, Iansan, Nhasan, Yansã, Yansan)

Iansa

 

Iansã ist eine Kriegerin, eine Amazone. Sie ist stets bereit gegen das Unrecht zu kämpfen. Iansã ist zwar eine Frau, sie kleidet sich jedoch wie ein Mann und zögert nicht, sich mit den gefährlichsten Mächten zu messen. Sie ist kalt und unerbittlich. Sie wacht über ihre Kinder wie eine eifersüchtige Mutter. Sie zerstört alles, was ihr im Weg liegt. Sie ist schön und wirkt vielleicht stolz auf all diejenigen, die sie nicht so gut kennen. Sie ist starrsinnig und gibt nie auf, wenn sie einmal etwas begonnen hat. Iansã ist manchmal auch der Tod. Sie trägt die Seelen der Verstorbenen auf ihren Flügeln. Sie ist klar und rein wie das Eis.

 

Omulu

(Omulú, Umulu)

Omulu

 

Omulu ist die gefürchtete Gottheit der Krankheiten und des Todes, aber auch der Heilkunde und der Ärzte. Er wird häufig mit der christlichen Gestalt des Todes identifiziert. Er ist aber auch der "Arzt der Armen". Verborgen unter einer Maske und Kutte aus Stroh, kann er, falls er dazu bereit ist, alle Krankheiten heilen. Seine Weisheit und sein Wissen sind unerreichbar. Doch man kann sich ihm nur schwer nähern. Er ist misstrauisch und hütet seine Geheimnisse. Omulu ist ein Greis, und sein Gesicht ist mit Narben übersät. Manche finden ihn erschreckend, aber ich glaube, er benutzt seine Hässlichkeit nur, um lästige Besucher fernzuhalten. man ruft ihn bei Krankheiten an, wenn die Ärzte nicht mehr weiter wissen. Omulu wird wie Iansã häufig auch in der Quimbandeira angerufen.

 

Oxossi

(Oxosse, Oxoce, Oxóce, Oxóssi, Oxose)

Oxossi

 

Oxossi ist die Gottheit des Waldes, der Jagd, der Vegetation und Fruchtbarkeit, oft auch Gottheit der Indianer und damit "Chef" aller Caboclos. Die Lehre von den Heilpflanzen in der Macumba (in gewisser Weise also die Lehre von den heiligen Pflanzen) steht unter der Obhut von Oxossi. Oxossi ist nur selten bereit sich durch einen Menschen verkörpern zulassen. Die wenigen, bei denen Oxossi dazu bereit ist, werden sehr hoch geachtet.

 

Nanã Buruqué

(Nanaburuquê, Nan Burucu, Nanãm)

 

  Nanã ist die älteste der weiblichen Gottheiten. Sie gehört zu den großen "Weisen" der Orixás. in gewisser Weise ist sie die Göttin der Weisheit. Menschen wie Orixás holen sich bei ihr Rat, sie selber nimmt jedoch am aktiven Geschehen kaum noch Teil. Dementsprechend wird sie zwar verehrt, jedoch so gut wie gar nicht verkörpert.

Exu

(Êxu, Exú, Exun)

 

 

Sowohl als Einzelwesen betrachtet als auch als Kategorie stellt Exu die bedeutungsvollste, die zentrale Wesenheit der Macumba da. Eigentlich ist Exu der Sendbote der Orixás. Da Exu aber sehr viele Gesichter hat (oder besser Wesensmerkmale) wird auch oftmals von vielen Exus gesprochen. Exu ist kein Orixá im eigentlichen Sinne, er wird mehr zu den Geistern gerechnet. Wenn man so will, ist er der menschlichste aller Orixás. Dementsprechend ist er das "Enfant Terrible" der Orixás. Er wird oftmals mit der christlichen Gestalt des Teufels gleichgesetzt. Was aber allein schon wegen dem unterschiedlichen Verständnis von "gut" und "böse" in der Macumba und dem Christentum nicht ganz richtig sein kann. Exu vereinigt in sich alle menschlichen Wesensmerkmale, sowohl gute wie schlechte, gepaart mit der Kraft eines Orixá. Eine sehr gefährliche Mischung, und man tut gut daran ihn nicht zu verärgern.

 

Pombagira

 

 

Pombagira ist das weibliche Gegenstück zu Exu. Sie wird auch oftmals als seine Frau betrachtet. Sie ist jedoch wesentlich gefährlicher als Exu, da sie den Orixás gegenüber eher neidisch und eifersüchtig eingestellt ist. Der Umgang mit Pombagira sollte sehr behutsam sein. Ich persönlich behandle sie mit dem größten Respekt, doch mit gebührender Zurückhaltung.

 

Die Cabocles

 

Die Cabocles sind die indianischen Geister, welche die Geheimnisse der Wälder bewahren. Es gibt sehr viele Cabocles. Sie werden hauptsächlich von den Kindern Oxossis konsultiert. Wenn man es so haben will sind die Cabocles eine Art Schutzengel.

Die Ibêje

(Ibeji, Ibeije, Ibeiji, Ibejada, Beijinhos)

 

 

Die Ibêje sind Zwillings-Gottheiten, oder Kind-Geister. Ihnen kommt eine große Rolle innerhalb der Macumba zu. Sie verkörpern das Unbeschwerte, das Kindliche eben. Gerade bei Gemütserkrankungen sorgen Sie für Linderung. Wo sie erscheinen verbreitete sich eine unbeschwerte, leichte Stimmung. Sie sorgen dafür, dass man sich wieder wie ein glückliches Kind fühlen kann.

 

Die Pretos Velhos   Die Pretos Velhos (Alten Schwarzen) sind genauso wie die Cabocles Geister. Sie werden in der Regel angerufen, wenn man einen weisen Rat braucht. Auch sie sind, wie alle Geister, von sehr großer Bedeutung für die Macumba. Die Geister können direkt durch die Menschen angesprochen werden, während der Kontakt zu den Orixás eher auserwählten vorbehalten bleibt.